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Im Haus der Großen Frau
Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama
Wenn einen fünfzig Finger, zehn Augen und fünf scharfzüngige Münder mit ihrer Liebe verfolgen, hat Mann wirklich Grund, in die Wüste zu fliehen. Und sei's nur, um mit dem Pick-up die staubigen Pisten entlangzufahren, Wasserrohre zu kontrollieren und verstopfte Ventile zu erneuern oder mit dem einzigen Freund und Kollegen, dem Zauberer Vaknin, mal ein paar Worte zu wechseln.
Mehr zum Inhalt
›Ich bin ohne Vater aufgewachsen, ohne Onkel oder Großvater, in einem Haus mit fünf Frauen – meiner Mutter, meiner Großmutter, meinen beiden Tanten und dir, meiner kleinen Schwester –, fünf weiblichen Wesen, die mich erzogen, liebkosten, päppelten, mir Erinnerungen erzählten und mich vor die Wand im Flur stellten.
Dort, auf kalkweißem Hintergrund, hängen die vier Bilder unserer vier Männer. Da sind sie: unser Rafael, Großvater Rafael, der Großmutters Mann gewesen ist. Unser David, einst unser Vater und Mutters Mann. Unser Edward, der mit der roten Tante verheiratet war und eine weiße Ratte hatte, die ihm immer auf der Schulter saß und auch hier auf dem Bild dort sitzt. Und unser Onkel Elieser, Veterinär, Autodidakt, der frühere Mann der schwarzen und der Bruder der roten Tante. Alle vier sind, wie alle Männer unserer Familie, durch allerlei seltsame Unfälle vorzeitig ums Leben gekommen. Alle vier wurden nebeneinander an die Flurwand gehängt und mit dem Titel ›unser‹ versehen, den die Frauen jedem nach seinem Tod beigaben.‹
So beginnt die Geschichte von Rafael, der mit fünf Frauen aufwächst, die, so verschieden sie auch sind, von ihm nur ›die Große Frau‹ genannt werden. Nur gut, dass es da noch den Steinmetz Abraham gibt, den sich Rafael als Wahlonkel auserkürt. Mit ihm verbringt er so viel Zeit wie möglich und lernt all die Dinge, die ein Junge eben nur von einem Mann lernen kann. Als Abraham stirbt, bleibt Rafael nur die Wüste als einziger Zufluchtsort vor der Überfürsorge der Großen Frau.
»Mit ›Im Haus der Großen Frau‹ beweist Shalev erneut sein dramatisches Gefühl und großen Erzählwitz. Eine stupende Kombination: Melancholie mit Pfiff - herzergreifende Dramen, locker erzählt.«
Facts, Zürich
»Meir Shalev bewegt sich mit seiner ungeheuren Fabulierlust in einem Geschichtenmeer. Farbsprühende Geschichten voll Kraft, Wärme, Poesie und Sinnlichkeit, nach deren 448 Seiten man erstaunt ist, daß das nur ein einziges Buch gewesen sein soll.«
Tiroler Tageszeitung