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Wieso Kiew, Andrej Kurkow?

Egal wie erfolgreich er ist – für Andrej Kurkow ist klar, dass er mit seiner Frau und seinen drei Kindern nur in Kiew leben will. Die Stadt ist für ihn Heimat, Inspiration und Schauplatz seiner Romane.

Foto: © Stefan Bohrer (www.stefanbohrer.com)

Andrej Kurkow ist einer der bekanntesten ukrainischen Schriftstel­ler der Gegenwart. Er wurde 1961 in Lenin­grad, dem heutigen Sankt Petersburg, gebo­ren und zog als Kind mit seinen Eltern nach Kiew. Sein Grosserfolg Picknick auf dem Eis, in dem ein Pinguin aus dem Kiewer Zoo die Hauptrolle spielt, wird demnächst verfilmt.

Lifestyle

»Ich liebe Kiew, ich bin hier aufgewachsen und fühle mich sehr wohl. Als Kind habe ich am Rand der Stadt gelebt, aber alle meine Freunde lebten im Zentrum, rund um die Oper. Es hat mich deshalb immer ins Zentrum gezogen und ich bin diesem Ziel über mehrere Umzüge immer näher gekommen. Ich war oft hier in der Gegend um das Goldene Tor, den Sophienplatz und auch den Andrejew-Steig, und ich träumte davon, auch einmal hier zu leben. Der grosse ukrainische Schriftsteller Michail Bulgakow hat hier am Andrejew-Steig gelebt – und in der Strasse, in der ich heute wohne, wurde er geboren.« 

Foto: © Alexostrov (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Die Leute

»Ich mag die Geschwindigkeit des Lebens hier. Es geht alles etwas langsamer, niemand beeilt sich, die Leute sind viel freundlicher als etwa in Moskau. In meinen Romanen beschreibe ich diese Welt. Sie spielen grösstenteils hier rund um die Sophienkathedrale, die Grosse Strasse, den Kreschatik oder im Podil, dem Stadtteil unten am Dnjepr. Für mich ist Kiew nicht die grosse Stadt mit 4 Millionen Einwohnern, sondern nur die Strassen, in denen ich lebe, das historische Kiew, das unten am Fluss endet und das man auch heute noch in 40 Minuten zu Fuss erkunden kann.«

Foto: © Hoodrat (Own work) [GFDL or CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Kunstszene

»Die Kunstszene in Kiew war immer sehr lebendig, auch wenn die goldene Zeit des Aufbruchs nach der Unabhängigkeit der Ukraine in den 90er Jahren nun schon etwas vorbei ist. Die wilde Zeit ist einer etwas gesetzteren gewichen. Viele Leute, die schnell zu Wohlstand und Reichtum gekommen sind, kauften damals – und kaufen noch immer – zeitgenössische ukrainische Kunst, und das hat vielen Künstlern ein gutes Auskommen ermöglicht. Es gibt auch eine aktive Literaturszene mit Lesungen und Dichterclubs. Die Kiewer schätzen dieses Angebot und nutzen es auch.«

Foto: © Yuriy Kolodin, (CC BY 3.0), via Wikimedia Commons

Was passiert mit Kiew?

»Kiew entwickelt sich, nicht schnell zwar, aber es geht vorwärts. Politisch ist alles ein wenig grau in grau, doch die Stadt selber ist bunter geworden. Es gibt viele schöne Bars und Cafés und damit ist die Stadt auch öffentlicher geworden. Früher traf man sich viel mehr bei den Leuten zu Hause, doch in den letzten Jahren ist das Leben viel stärker auf die Strasse und in öffentliche Lokale gedrängt.«

Erschienen im SWISS Magazine, Oktober 2013. Text: Andreas Schwander.

 

Von Andrej Kurkow im Diogenes Verlag zuletzt erschienen ist der Roman Jimi Hendrix live in Lemberg. Auch als E-Book.

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