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Martina Borger und Ingrid Noll über das Älterwerden (Teil 1)

Ein Briefwechsel in zwei Teilen zwischen Martina Borger (Wir holen alles nach) und Ingrid Noll (In Liebe Dein Karl) über das Älterwerden.

Foto via pixabay

Liebe Ingrid,

gerade habe ich mit viel Vergnügen Dein neues Buch gelesen – Glückwunsch dazu!

Besonders spannend fand ich darin den Teil »Erinnerungen und Notizen«, in dem Du über Deine Kindheit, Jugend, aber auch über Dein jetziges Leben schreibst. Und was mich natürlich auch besonders interessiert hat, ist das Thema Älterwerden, das Du in dem Kapitel »Winterrücks altern« amüsant behandelst: Mich beschäftigt das natürlicherweise auch schon länger, nicht nur in meinem Buch. Und ich muss zugeben, ich hadere damit; wenn ich, was neuerdings immer öfter vorkommt, in einem Interview lese, dass eine etwa Gleichaltrige verkündet, sie wolle ganz bestimmt nicht noch mal 30 sein, weil sie das Älterwerden so schön fände, kann ich ihr nicht folgen – also ICH hätte nichts gegen eine Zeitreise in die Vergangenheit!

Wie geht es Dir damit? Gibt es etwas, das Du ganz wunderbar findest am Älterwerden?

Herzliche Grüße
Martina

Foto: Maurice Haas / © Diogenes Verlag

Liebe Martina,

auch ich habe gerade Dein Buch verschlungen – besonders gefiel mir natürlich, dass aus jeder Zeile Deine Menschenkenntnis und Lebenserfahrung spricht.

Und da sind wir ja schon beim Thema: dem Älterwerden. Du hättest dieses Buch bestimmt nicht schon in ganz jungen Jahren schreiben können, also ist für Schriftsteller das Älter- und Reiferwerden bestimmt nicht so unangenehm wie für ein Fotomodell.

Natürlich will ich die Schattenseiten auch nicht herunterspielen, in meinem hohen Alter trüben oft allerlei Zipperlein die gute Laune. Immer häufiger flattern Todesanzeigen ins Haus und lassen mich traurig und nachdenklich werden. Deswegen finde ich das Altwerden bestimmt nicht wunderbar, aber die Alternative gefällt mir noch weniger. Und etwas ist doch bemerkenswert und durchaus positiv: Man wird gelassener.

Meine Frage an Dich: Was ärgert Dich an grauen Haaren und Lesebrille? Möchtest Du tatsächlich noch mal vor Liebeskummer heulen oder Dich auf Elternabenden langweilen müssen?

Herzlich Deine Ingrid

Foto: Renate Barth / © Diogenes Verlag

 

 

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Martina Borger, 1956 geboren, arbeitete als Journalistin, Dramaturgin und Filmkritikerin, bevor sie sich aufs Drehbuchschreiben verlegte. Sie hat bei mehreren Serien als Storylinerin und Chefautorin gearbeitet. Gemeinsam mit Maria Elisabeth Straub veröffentlichte sie zwischen 2001 und 2009 Romane unter dem Label ›Borger & Straub‹. Ohne Co-Autorin erschien 2007 ihr Roman ›Lieber Luca‹. Martina Borger lebt in München.

Ingrid Noll, geboren 1935 in Shanghai, studierte in Bonn Germanistik und Kunstgeschichte. Sie ist Mutter dreier erwachsener Kinder und vierfache Großmutter. Nachdem die Kinder das Haus verlassen hatten, begann sie Kriminalgeschichten zu schreiben, die allesamt zu Bestsellern wurden. 2005 erhielt sie den Friedrich-Glauser-Ehrenpreis der Autoren für ihr Gesamtwerk.