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»Ich möchte zeigen, dass Verrat zwei Seiten hat.«

In Du sagst es entscheidet sich Connie Palmen für eine andere Art von Geschichte, als wir es von ihr gewohnt sind. Sie löst sich vom Autobiographischen und schlüpft in den Kopf von Ted Hughes, den sie in poetischen Betrachtungen auf seine tragische Ehe mit Sylvia Plath zurückblicken lässt.

Die Amerikanerin Sylvia Plath und der Brite Ted Hughes sind vielleicht das berühmteste Schriftstellerpaar der modernen Literatur – und das tragischste. Das Paar, um das es hier geht, scheint jedermann ein Begriff zu sein, so viel ist haben beide über einander geschrieben. Die Niederländerin Connie Palmen fügt dieser Literatur eine neue Variante hinzu: Sie schlüpft in die Haut von Ted Hughes und verleiht in ihrem neuen Roman dem 1998 Verstorbenen eine Stimme. Sie lässt ihn auf seine leidenschaftliche, nicht gerade harmonische Ehe zurückblicken, die am 11. Februar 1963 mit dem Selbstmord seiner
Frau endet. Und auf sein Leben, das von da an von diesem Freitod beherrscht war.

Warum gerade diese Geschichte?

Connie Palmen: Ich möchte zeigen, dass Verrat zwei Seiten hat. Im Allgemeinen wird er negativ ausgelegt, doch »verraten« heißt auch »offenbaren«. Und das Einzige, was man als Schriftsteller tun kann, was keine andere Kunstform kann, ist, das Wort wieder mehrdeutig zu machen. Doppelbödig. Zweifelhaft.

Foto: Regine Mosimann / © Diogenes Verlag

Schon vor dem Tod von Hans van Mierlo (Connie Palmens Ehemann, Anm. d. Red.) kündigten Sie an, dass Sie ein Judas-Buch schreiben wollten. Warum haben Sie die Ehe von Plath und Hughes dafür gewählt?

Diese Ehe war meine früheste Inspirationsquelle. Seither habe ich allerlei Stationen durchlaufen, um erst im vorigen Sommer dahinterzukommen, dass ich zu meinem Ursprungsplan zurück musste. Außerdem war ich schon sehr lange in Ted verknallt. Ich beschäftige mich schon seit Jahren mit ihm. Ich fühle mich von ihm angezogen, sowohl von seinen Gedichten als auch von seinem Aussehen. Oder, ehrlich gesagt, eher andersherum. Und dann kamen diese Geburtstagsbriefe, die Birthday Letters, da war es dann endgültig um mich geschehen.

Warum haben Sie sich dafür entschieden, aus seiner Perspektive zu schreiben?

Ich wollte fühlen, wie es ist, ein Judas zu sein. Ich wollte zeigen, wie verheerend es ist, wenn man Gegenstand von Klatschgeschichten ist. Das war die größte Herausforderung. Den Verrat nachzuempfinden, statt den Verrat zu beschreiben oder den Verräter darzustellen. Literaturtechnisch war es die größte Herausforderung, einen 263 Seiten langen Monolog spannend zu halten. Ich wollte einen ununterbrochenen Text, in einem Atemzug.

Sie haben sich in diesem Buch einen anderen, poetischeren Stil zu eigen gemacht. Inwiefern wollten Sie Hughes‘ Stil durchklingen lassen?

Ich musste meinem eigenen trockenen und leicht lakonischen Stil ein bisschen Gewalt antun. Tja, und ich steckte im Kopf eines Dichters, also da ist man dann auch poetisch. Anfangs musste ich immer kichern, wenn ich mir erlaubte, poetische Sätze zu schreiben, aber dann hatte ich allmählich immer mehr Spaß daran. Stilistisch war es ein Lavieren zwischen meinem eigenen Stil und dem von Hughes.

 

Interview mit Connie Palmen von Jessica van Geel, NRC Handelsblad, erstmals erschienen am 5.9.2015. © by Jessica van Geel, NRC Handelsblad

 

Du sagst es von Connie Palmen ist am 24.8.2016 erschienen, übersetzt aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers. Auch als ebook.

Connie Palmen, geboren 1955, wuchs im Süden Hollands auf und kam 1978 nach Amsterdam, wo sie Philosophie und Niederländische Literatur studierte. Ihr erster Roman, Die Gesetze, erschien 1991 und wurde gleich ein internationaler Bestseller. Sie erhielt für ihre Werke zahlreiche Auszeichnungen, so wurde sie für den Roman Die Freundschaft 1995 mit dem renommierten AKO-Literaturpreis ausgezeichnet. Connie Palmen lebt in Amsterdam.

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