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Louis Soutter – ein radikaler Outsider und Künstler. Eine Geschichte von äußeren Fesseln und innerer Freiheit.

Lukas Hartmann über seinen biographischen Roman Schattentanz, in dem er sich dem Leben des Schweizer Künstlers Louis Soutter nähert.

Foto: © Bernard van Dierendonck

Wann ist Ihnen Louis Soutter zum ersten Mal begegnet?
Ich habe, beinahe zufällig, 2002 eine Ausstellung mit seinen Werken im Kunstmuseum Basel besucht. Kaum je war ich vom ersten Moment an so beeindruckt, nein gebannt von einem Künstler wie damals. Seither haben mich vor allem Soutters Fingermalereien nie mehr losgelassen. In ihrer Vieldeutigkeit entdecke ich bei jedem genauen Hinschauen etwas Neues, oft Bestürzendes und tief Menschliches.

Wann wussten Sie, dass Sie über ihn schreiben wollen?
Das dauerte lange. Ich las, was es über ihn gab, machte mir Notizen zum biographischen Material, das ich zusammentrug, auch dank dem Musée de l’Art Brut in Lausanne, wo Soutter lange einen Platz hatte.

Das Gemälde

Er war ja zu Lebzeiten am Rande der Gesellschaft, völlig unbekannt in der Kunstwelt. Sein berühmter Cousin, der Architekt Le Corbusier, war einer der wenigen, die sich für ihn eingesetzt haben.
Es gab noch andere, die ihn zu seinen Lebzeiten anerkannten, René Auberjonois war einer von ihnen. Aber Le Corbusier war unstreitig der Wichtigste. Ich denke, ihn zog genau das an, was er bei sich selbst vermisste: das Imaginative, das Ungeplante, die Kraft der inneren Bilder. Was sie auseinanderbrachte, war die Politik, die Haltung zum Faschismus. Soutter lehnte Mussolini vehement ab, Le Corbusier hingegen war fasziniert von den neuen Möglichkeiten, die sich ihm boten, von der Sprache, den Gebärden der Macht. Außerdem wies er Soutters Fingermalerei ab.

Heute erzielen Soutters Werke hohe Auktionsergebnisse. War die Welt damals noch nicht reif für dessen Kunst?
Ja, Soutter ist den Weg eines singulären Expressionisten gegangen. Er hatte keine Vorbilder, verließ sich allein auf seine innere Welt. Seine Bilder verängstigten das zeitgenössische Publikum – es wollte lange nichts von ihm wissen.

Ein Paradox: Je kleiner Soutters Lebenskreis, umso radikaler und freier seine Kunst. Was bedeutet Freiheit für einen Künstler?
Sie kann ihn einschränken, durch Uferlosigkeit erschrecken. Bei Soutter hat sie aber den Horizont weit geöffnet, seine Imagination beflügelt – und ihm die Fähigkeit verliehen, im Blick nach außen eine beinahe seherische Gabe zu entwickeln.

Auch Ihr letzter Roman Der Sänger war ein Künstlerroman, ein tragisches Künstlerschicksal. Hängen die beiden Bücher zusammen?
Ich denke schon. Beim Sänger zwingen die politischen Ereignisse den Sänger Joseph Schmidt zur Emigration – er muss sich der Wirklichkeit stellen, die er lange auszublenden versuchte. Und bei Louis Soutter hilft der radikale Rückzug nicht dagegen, dass ihn die Außenwelt trotzdem bedrängt und er sie in visionären Totentanzmotiven darstellen muss.

(Die Fragen stellte Lektorin Margaux de Weck)

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