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»Worauf kommt es im Leben an?« Bas Kast im Interview

Im Sommer seines Lebens hat Nicolas einen Traum. Er will Schriftsteller werden wie sein Onkel. Dann kommt das Leben dazwischen und die Firma seines Vaters, Verantwortung, Termine und lauter Zwänge. Als sein Onkel stirbt, verliert Nicolas den einzigen Menschen, der an ihn geglaubt hat. Doch überraschend findet er am unwahrscheinlichsten Ort den Schlüssel, der ihm hilft, zu dem zu werden, der er wirklich ist.

Das Buch eines Sommers, eine lebensphilosophische Erzählung, die einen wachrüttelt.

Wir haben mit Bas Kast über seinen Roman gesprochen.

1. Wie ist die Geschichte, die Sie in »Das Buch eines Sommers. Werde, der du bist« erzählen, zu Ihnen gekommen?  

Bas Kast: Eigentlich mit der Geburt meines ersten Sohnes vor sechseinhalb Jahren. Da habe ich mir zum ersten Mal die Frage gestellt, was es bedeutet, Vater zu sein, was eine gute Erziehung ausmacht. Und schließlich auch, was ich meinen Kindern – mittlerweile haben wir drei Söhne – mitgeben möchte. Worauf kommt es im Leben an? Der Versuch, diese Fragen im Schreiben zu klären, war Auslöser für das neue Buch. 

 

2. Und wie lautet Ihre Antwort? Was ist wichtig, für das eigene Leben und bei der Erziehung? 

Bas Kast: Ich hatte damals meine Frau gefragt, was sie unseren Kindern gerne fürs Leben mitgeben möchte, und ihre Antwort lautete: »Vertraue dir!« Daraufhin bin ich in mich gegangen, ob ich das für mich Essenzielle auf einen Satz herunterbrechen kann, und kam auf das Diktum »Werde, der du bist« – ursprünglich vom griechischen Dichter Pindar geprägt und später von Nietzsche popularisiert. Es trifft für mich den Kern dessen, was meiner Meinung nach eine gute Erziehung ausmacht: unsere Kinder dabei zu begleiten, diejenigen zu werden, die sie im Innersten sind, und ihnen keine bestimmte Richtung vorzugeben. Wir entdecken also mit ihnen gemeinsam, was in ihnen steckt, wer sie sind. Und das ist ziemlich spannend. 

  

3. Gibt es eine Verbindung zwischen diesem Buch und Ihrem vorherigen Bestseller »Der Ernährungskompass«? 

Bas Kast: Ja, die gibt es tatsächlich. Und zwar ist es der Umgang mit der Erfahrung der eigenen Endlichkeit. Als ich vor einigen Jahren Herzattacken bekam, blieb mir nichts anderes übrig, als meine Ernährung radikal umzustellen, um mich selbst zu heilen. Daraus entstand »Der Ernährungskompass«. Das Bewusstsein, dass ich nicht ewig lebe, öffnete mir auch die Augen für das Wesentliche, sich auf das zu besinnen, was einem wirklich wichtig ist. Daraus entstand die Idee zu »Das Buch eines Sommers«, in dem meine Hauptfigur Nicolas in nächtlichen Gesprächen mit Christopher darüber nachdenkt: Habe ich in meinem Leben das getan, was ich gern tun wollte, habe ich mir meinen persönlichen Lebenstraum erfüllt – ja oder nein? Oder habe ich etwas verpasst? In diesen Gesprächen geht es darum, wie man ein Leben führen sollte. Und was man, sollte es einen plötzlich nicht mehr geben, gerne den eigenen Kindern noch gesagt hätte. 

 

4. Was würden Sie jemandem raten, der merkt, dass es in seinem Leben nicht weitergeht und dass es nicht so geworden ist, wie er es sich einst vorgestellt hatte?  

Bas Kast: Es ist natürlich unglaublich schwierig, pauschal zu sagen, wie man zum eigenen Kern findet. Ganz wichtig ist zunächst, herauszufinden, was da alles im Weg steht. Das können zum Beispiel Ideale sein, die man mehr oder minder gedankenlos von der Gesellschaft oder von den Eltern übernommen hat. Zu erkennen, woher diese Ideale kommen und ob sie uns glücklich machen oder eher von uns entfernen, ist natürlich ein längerer Suchprozess, den auch meine Hauptfigur Nicolas durchläuft. 

 

Foto: Serge Höltschi / © Diogenes Verlag

5. Darüber hinaus spielen Themen wie Ernährung, Anti-Aging oder Alzheimerforschung in »Das Buch eines Sommers« eine Rolle. Eine weitere Verbindung zu Ihren früheren Arbeiten und Erkenntnissen?  

Bas Kast: Es stimmt natürlich, dass es noch eine zweite Parallele zu »Der Ernährungskompass« gibt. Es ist die Frage, wie man Altersleiden verhindern oder sogar den Alterungsprozess bremsen kann, da die Ernährungsweise dabei eine wichtige Rolle spielt. In »Das Buch eines Sommers« habe ich diese Recherchen insofern verwendet, als meine Hauptfigur als Chef eines mittelständischen Pharmaunternehmens nach einer Art Anti-Aging-Pille sucht. Eine Form des Umgangs mit der eigenen Vergänglichkeit ist ja der Versuch, sie mit Hilfe von Medikamenten, Wirkstoffen zu kontrollieren. Diese Vorgehensweise, das Problem im Prinzip zu vertagen, steht im Kontrast zu einer anderen, die ich in »Das Buch eines Sommers« thematisiere: sich dem Problem zu stellen und das Wissen um die eigene Endlichkeit zu nutzen, um sich auf das Wesentliche im Leben zu fokussieren. »Der Ernährungskompass« ist somit für den gesunden Körper, »Das Buch eines Sommers« eher für die gelungene Seele. 

 

6. Wie empfanden Sie die Unterschiede beim Schreiben von klassischen Sachbüchern und Ihrem jetzigen Diogenes Roman? 

Bas Kast: Anfangs dachte ich, so anders kann es nicht sein, bei beiden ist der handwerkliche Umgang mit Sprache gefragt. Mittlerweile habe ich festgestellt, die Unterschiede sind größer, als ich dachte. Ich würde sogar sagen, die Gemeinsamkeit ist eigentlich nur, dass beide Wörter benutzen. Wenn ich es auf den Punkt bringen müsste, glaube ich, in erster Linie transportierst du beim Sachbuch Informationen und beim erzählerischen Werk Emotionen. Das war schon eine Umstellung für mich, aber auch eine, die mir sehr viel Spaß gemacht hat. Und ich wollte das immer schon mal. Jetzt hatte ich auch wirklich eine Geschichte, die ich erzählen wollte.  

 

7. Wie sind Sie zum Diogenes Verlag gekommen? 

Bas Kast: Meine Liebe zu Diogenes begann mit Raymond Chandler und Patricia Highsmith. Und irgendwann habe ich festgestellt, dass ich blind zu einem Diogenes Buch mit diesem einheitlichen Design greifen kann und es fast immer meinen Geschmack trifft. Nachdem ich nun kein klassisches Sachbuch, sondern eine fiktionale Geschichte geschrieben hatte, dachte ich, jetzt kann ich es ja mal versuchen. Und hatte das große Glück, dass Diogenes angebissen hat. 

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Das Buch eines Sommers

Werde, der du bist

 

Bas Kast, geboren 1973 in Landau, Pfalz, wollte Hirnforscher werden oder zumindest etwas Vernünftiges tun, wandte sich dann aber dem Schreiben zu. Er ging in Utrecht, München und Kalifornien zur Schule, studierte Psychologie und Biologie in Konstanz, Bochum und am MIT in Boston. Sein letztes Buch, ›Der Ernährungskompass‹, wurde ein Weltbestseller. Er lebt mit seiner Familie in Rottendorf bei Würzburg.